Marktpsychologie 101: Sentiment
Sentiment an den Finanzmärkten beschreibt die grundlegenden Emotionen der Marktteilnehmer gegenüber handelbaren Werten. Wir wollen heute herausfinden, wie wir Sentiment erfassen und für uns nutzen können.
Dass rund 80 % aller Aktivitäten an den Finanzmärkten durch die emotionalen Entscheidungen der jeweiligen Marktteilnehmer stattfinden, haben wir bereits gelernt. Der nächste Schritt muss also sein, dass wir uns mit diesen Emotionen befassen. Das tun wir, indem wir das (Markt-)Sentiment betrachten. Also wie positiv (bullisch) oder negativ (bärisch) die Marktteilnehmer zu jedem gegebenen Zeitpunkt eingestellt sind. Klingt kompliziert und ist es auch! Zum Glück gibt es aber ein paar nützliche Hilfsmittel.
Marktsentiment oder auch einfach nur Sentiment, beschreibt die grundlegende, emotionale Einstellung bezogen auf einzelne Aktien, Devisen, Rohstoffe, Kryptowährungen und sonstige Finanzinstrumente. Oder aber gegenüber einem ganzen Markt. Beispielsweise dem gesamten, US-amerikanischen Aktienmarkt. Sentiment wird dabei klassisch in 3 Bereiche unterteilt:
- Bullisch (positiv, optimistisch, gierig)
- Neutral (Übergangsphase, Unentschlossenheit, Harmonie)
- Bärisch (negativ, pessimistisch, ängstlich)
Ein bullisches Sentiment führt dabei zu steigenden Preisen, während ein bärisches Sentiment zu fallenden Preisen führt. Neutrales Sentiment kann zu Seitwärtsbewegungen führen oder aber auch zur (moderaten) Fortsetzung von Trends. Das Sentiment an den Finanzmärkten gilt zudem als zyklisch. Das bedeutet, dass die Emotionen der Marktteilnehmer dazu tendieren, von einem Extrem (Gier) zum anderen Extrem (Angst) zu wandern, nur um danach wieder die Gegenrichtung anzusteuern.
Investoren und Trader nutzen Sentiment, um die Wahrscheinlichkeit von zukünftigen Emotionen am Markt zu ermitteln. Und da Emotionen die Preisentwicklungen maßgeblich beeinflussen, ergeben sich durch Einschätzungen zum Sentiment auch Einschätzungen zu Preisentwicklungen. Dabei können wir zwischen kurz-, mittel- und langfristigem Sentiment unterscheiden. Denn einen Investor interessieren in der Regel nur Preisbewegungen im Zeitrahmen von Wochen, Monaten oder Jahren, während ein Trader womöglich eher in Minuten, Stunden oder Tagen rechnet.
Wie wir das Sentiment ermitteln können
Um überhaupt etwas mit den Emotionen am Markt anfangen zu können, müssen wir diese erstmal ermitteln. Im Folgenden geht es also um die Erfassung von Sentiment. Dazu können wir beispielsweise verschiedene Informationen im Internet hernehmen. Zum Beispiel den Euwax Sentiment Index der Börse Stuttgart bezüglich des deutschen Leitindex DAX. Ohne viel eigene Recherche lässt sich hier schnell das Sentiment der Marktteilnehmer ermitteln.
Für die US-amerikanischen Aktienmärkte stellt CNN Business eine ganze Reihe an Sentiment Indikatoren zur Verfügung. Der wohl bekannteste ist dabei der Fear & Greed Index. Dieser zeigt mit einem einfachen Zahlenwert an, ob das Sentiment aktuell eher ängstlich, neutral oder gierig gelagert ist.
Für den Handel mit Fremdwährungen (Forex) oder auch Rohstoffe gibt es wieder andere Quellen. In der Regel reicht eine kurze Suche im Internet, um recht schnell fündig zu werden. Bei Kryptowährungen hingegen wird es ein wenig komplizierter. Denn hier haben wir leider keine weitreichenden Informationen á la Euwax oder Fear & Greed Index. Obwohl, für den Bitcoin (BTC) gibt es sogar schon einen Fear & Greed Index. Dieser kann unter https://alternative.me/crypto/fear-and-greed-index/ gefunden werden und liest sich ganz genauso, wie das Vorbild von CNN Business.
Sentiment direkt auf den Charts? Kein Thema!
Wer dynamischeren Zugang zu Sentiment sucht, muss hingegen zu den Charts der jeweiligen Werte und entsprechenden Indikatoren greifen. Für meine eigenen Analysen und Recherchen nutze ich auf Tradingview folgende Indikatoren:
- Money Flow Index (MFI)
- Trading Psychology — Fear & Greed Index by DGT
Am oberen Rand des Screenshots sehen wir den Money Flow Index (MFI), einen technischen Oszillator, der Preis und Volumen nutzt, um überkaufte bzw. überverkaufte Zustände auszugeben. Zudem kann der Indikator Divergenzen sichtbar machen. Bei meiner Version des Indikators (alle Rechte gehen an DreamsDefined), sind die Wertbereiche 60 bis 80 grün hinterlegt, 40 bis 60 grau und 20 bis 40 rot. Dies entspricht den drei grundlegenden Sentiments bullisch, neutral und bärisch.
Unter dem Preis und dem Volumen sehen wir dann den Trading Psychology — Fear & Greed Index by DGT. Dieser ermittelt anhand verschiedener Berechnungen ein Sentiment und gibt mir dieses dann aus. Zum Beispiel lag das Sentiment im Bitcoin (BTC) zum Zeitpunkt dieses Artikels im neutralen Plusbereich bei 11 %. In diesem Fall deutete dies auf ein moderat steigendes Sentiment hin, was mit den Preisbewegungen einhergeht. Der Money Flow Index bestätigt dieses neutrale, moderat steigende Sentiment.
Das zyklische Sentiment der Marktteilnehmer
Wenn wir uns meinen zweiten Indikator näher ansehen, dann erkennen wir auch, dass Sentiment in der Tat zyklisch verläuft. Der Indikator stellt dies im Stundenchart schön dar. Das Sentiment verläuft immer von einem Extrem zum Anderen. Angst (in Gelb dargestellt) wird zu neutralem Sentiment, ehe es dann in die Richtung von Gier geht (in Blau dargestellt). Oben angekommen, geht das Sentiment wieder in die Gegenrichtung.
Der Money Flow Index zeigt ein ähnliches Verhalten. Die weiße Linie wechselt von Rot über Grau hin zu Grün und wieder zurück. Wann immer die Linie die obere oder untere Grenze überschreitet, gilt der Wert (hier das EUR/USD Währungspaar) als überkauft oder überverkauft. Wir könnten sagen: Die Marktteilnehmer sind zu gierig oder zu ängstlich.
Wie wir Sentiment für uns Nutzen können
Wenn wir das Sentiment erst einmal erfasst haben, können wir beginnen die Emotionen der Marktteilnehmer a) zu prognostizieren und b) für uns zu nutzen. Wir wissen, dass Sentiment zyklisch verläuft. Wir wissen auch, dass Profite an den Märkten entstehen, indem wir günstig kaufen und teuer verkaufen. Sehen wir uns doch einfach mal einen Chart dazu an!
Was wir sehen ist der Preis von Gold im 4-Stunden-Chart. Was wir noch viel besser sehen können: Das Sentiment der beiden Indikatoren gibt die Preisbewegungen schön an. Auf diesem Chart sind keine traditionellen Mittel der technischen Analyse zu sehen, außer zwei Indikatoren. Dennoch hätten wir mit ein wenig Übung alleine durch das Sentiment im Goldmarkt drei schöne Trendverläufe mitnehmen können.
Noch ein Beispiel: Der Litecoin (LTC) wird ebenso vom Sentiment der Marktteilnehmer beeinflusst, wie schon Gold im vorherigen Beispiel. Erneut hätte uns das Lesen des Sentiments, gepaart mit den Preisbewegungen, schöne Trends mitnehmen lassen. Wir sehen aber auch, dass Sentiment manchmal vor der entsprechenden Preisbewegungen und manchmal nach der Preisbewegung zu drehen beginnt. Leider kann kein Indikator Sentiment in Echtzeit darstellen und alle Indikatoren basieren am Ende lediglich auf mathematischen Formeln.
Schlusswort und noch ein letzter Tipp
Sentiment an den Finanzmärkten gibt uns weitreichende Einblicke in die Emotionen von anderen Marktteilnehmern. Diese Emotionen steuern die Preise an den Märkten zu einem maßgeblichen Anteil. Wer das Sentiment also erfassen und für sich nutzen kann, gewinnt einen entscheidenden Vorteil im Handel. Ich hoffe, dass du heute die nachfolgenden Punkte lernen konntest:
- Was ist Sentiment?
- Wie verhält sich Sentiment?
- Wie kannst du Sentiment erfassen?
- Wie kannst du Sentiment für dich nutzen?
Und bevor ich diesen Artikel beenden werde, hier noch ein Profi-Tipp:
Wir wollen günstig kaufen und teuer verkaufen! Wann immer Gier den Markt beherrscht, ist nicht der Zeitpunkt zum Kauf. Genauso wenig solltest du verkaufen, wenn der Markt von Angst beherrscht wird. Kaufe, wenn andere voller Angst sind und verkaufe, wenn andere gierig sind!
Wenn du Anregungen, Fragen, Kritik oder auch Wünsche hast, dann lass es mich gerne in den Kommentaren wissen. Du kannst alternativ (oder zusätzlich) auch gerne der aktiven Community auf Telegram beitreten oder mir auf Twitter eine Direktnachricht schicken. Sofern dir dieser Artikel gefallen hat, bitte ich dich noch andere davon wissen zu lassen, indem du den Inhalt in den sozialen Medien deiner Wahl teilst. Und wie immer gilt: Ich freue mich über deinen Clap und/oder Follow!
Bleib rational und habe starke Hände!
Zum Abschluss noch ein paar Links, wo du mich abseits von Medium.com finden kannst:
Mein offizieller Twitter-Account
Trade. Market. Mind. auf Telegram (Newskanal)
Trade. Market. Mind. Telegram-Gruppe (Community)
Falls du mich unterstützen möchtest, dann nutze bitte die nachfolgenden Wallet-Adressen:
16stcQK9niXNQesB1xkGUuNVFHJPhGL1Yq (für Bitcoin)
oder
0xfd9c10c3f191482c8d5dd0247abe8fd523959fe9 (für Ethereum, USDT und ERC20)
oder
85ju839cJ4KHMhdvwjcHrhUmG2V99Ep6rhsHUe4Z929cLFD4bb4pDEWYuKdh9ME5NrArbqZQvjDpsUXWwNoekRB97RUwMkt (für Monero)
Unterstützungen erfolgen stets freiwillig! Ich werde dich niemals dazu aufrufen oder gar Unterstützungen verlangen. Gleichzeitig halte ich dich aber auch ausdrücklich nicht davon ab.
Disclaimer: An dieser Stelle sei erwähnt, dass sämtlich gemachte Angaben ausdrückliche keine Finanzberatung oder Ermutigung zu irgendwelchen Investitionen darstellen. Vor Investitionen oder Tradingaktivitäten ist immer eigene Recherche zu betreiben. Der Handel mit Finanzinstrumenten birgt ein hohes Verlustrisiko und es sollte daher nie mehr Kapital eingesetzt werden, als beim Verlust verschmerzt werden kann. Ich nutze für unsere Analysen Tradingview.