Marktpsychologie am Montag — KW 44/2020

Thomas aka DecenTrade
8 min readOct 26, 2020

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Eine neue Woche startet im laufenden Jahr 2020 und wie immer fragen sich Marktteilnehmer in den Finanzmärkten: Geht es diese Woche hoch oder runter? Um das herauszufinden, könnten wir technische Analyse verwenden. Aber wieso versuchen Preise zu prognostizieren, wenn wir auch gleich die Emotionen prognostizieren können?

Ich habe lange überlegt, was ich dir jeden Montag präsentieren werde. Technische Analyse wäre eine Möglichkeit gewesen. Aber braucht es wirklich noch mehr technische Analysen zum Wochenstart? Eine andere Möglichkeit wäre die fundamentale Analyse gewesen. Interessant (vor allem bei Kryptowährungen), aber wahrscheinlich auch einfach zu trocken. Deshalb habe ich mich für ein anderes Format entschlossen, von dem ich hoffe, dass es a) ein wenig leichter nachzuvollziehen und b) mit ein wenig Übung auch anwendbar ist. Lass mich das kurz erklären!

Candlesticks: Die farbigen Kerzen auf den Charts.

Die farbigen Balken auf den Charts nennen sich Candlesticks. Diese “Kerzen” beinhalten als Informationen den Eröffnungspreis, das Hoch, das Tief und den Schlusspreis einer gewissen Zeitperiode. Sehen wir uns also einen Tageschart an, beinhaltet jede Kerze die Informationen eines ganzen Tages. Auf dem 1-Minuten-Chart hingegen nur die Informationen einer einzigen Minute. Was Candlesticks uns noch verraten? Genau! Die Psychologie am Markt!

Darstellung und Erläuterung von Candlesticks
Quelle: admiralmarkets.de

Aufgrund von Größe, Form und bestimmten Mustern, können wir den Kampf zwischen Bullen und Bären deutlich erkennen und die vorherrschenden Emotionen am Markt ermitteln. Einen ausführlichen, mehrteiligen Guide zu Candlesticks zahlreichen Tipps & Tricks und Analysemethoden, wird es hier bei mir in den nächsten Wochen geben. Für heute wollen wir einfach mal durchstarten und uns ansehen, was die Märkte zuletzt so getrieben haben und — vor allem — was sie vermutlich tun werden.

Wichtige Anmerkung, bevor es losgeht!

Jeder Investor und Trader hat seinen eigenen Stil. Die im Folgenden verwendete Analysemethode behilft sich Mitteln der fundamentalen, technischen und behavorialen Analyse. Ich behaupte nicht, dass diese Herangehensweise zur Ermittlung von wahrscheinlichen Preisbewegungen die einzig Richtige ist. Ich behaupte auch nicht, dass diese Methode mehr oder weniger Aussagekraft, als andere Analysemethoden besitzt. Alles, was ich dir sagen kann, ist, dass ich mit dieser Herangehensweise seit Jahren sowohl bei Investments, als auch beim Trading profitabel handel.

Die nachfolgende Analyse ist nicht gänzlich dazu geeignet, dir auch nur eine der vorher genannten Analysemethoden beizubringen. Auch kann ich unmöglich alle Märkte jeden Montag behandeln. Das wäre auch gar nicht sinnvoll. Deshalb will ich jeden Montag drei ausgewählte Märkte beleuchten, die in der nicht allzu fernen Zukunft dann auch teilweise von dir mitbestimmt werden können. Für diese Woche blicken wir auf Bitcoin (BTC), S&P 500 (SPX) und den US-Dollar (DXY und EUR/USD).

Wichtige Anmerkung: Die Montagsartikel werden von mir am Wochenende verfasst. Daher kann ich etwaige Änderungen bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen natürlich nicht in meine Analysen mit einbeziehen.

Bitcoin (BTC): Den Lamborghini besser noch nicht vorbestellen

Da ging was bei Bitcoin (BTC) in der letzten Zeit! Binnen 52 Tagen von zeitweise unter 10.000 auf zeitweise über 13.300 USD ist durchaus eine beachtliche Leistung! Da müssen die Marktteilnehmer doch eigentlich bester Laune sein und das Sentiment entsprechend gierig, oder? Ja, sowohl, als auch. Im Tageschart erkennen wir auf Anhieb zwei Dinge: einen überhitzten Anstieg des BTC Preises und die Gier im unteren Indikator.

Bitcoin (BTC) im Währungspaar BTC/USD im Tageschart
Quelle: Tradingview

Was wir noch sehen: lange Kerzendochte nach oben. Dies zeigt Schwäche im Kaufdruck. Oder anders ausgedrückt: Die smarten Marktteilnehmer scheinen zu glauben, dass der Aufwärtstrend ein Hoch erreicht hat und steigen aus. Ihre Verkäufe werden von Nachzüglern aufgekauft, die Angst haben, einen weiteren Anstieg zu verpassen (Stichwort: FOMO). Zudem sehen wir ein bekanntes Chartmuster aus der technischen Analyse: einen steigenden Keil. Dieses Chartmuster unterstützt als Umkehrsignal die Annahme, dass ein Höhepunkt im Sentiment und im Preis gefunden wurde. Eine Sentiment- und Preisumkehr ist daher zu erwarten.

Bitcoin (BTC) im Währungspaar BTC/USD im 4-Stunden-Chart
Quelle: Tradingview

Im 4-Stunden-Chart sehen wir die Candlesticks nochmal genauer. Die Kerzendochte nach oben gerichtet zeugen — wie bereits erwähnt — von einer Schwäche im Kaufdruck. Zudem erkennen wir die Kontrollübernahme durch die Bären sehr gut an einem Bearish Engulfing Muster (zweite Markierung in Grün). Die bullische Kerze stieg auf über 13.300 USD an, nur um im Anschluss von der bärischen Kerze “eingenommen” zu werden. Ein weiteres Indiz auf einen Wechsel im Sentiment und auch bald im Preisverlauf.

Mit bereits nach unten verlaufenden Indikatoren, abnehmendem Volumen und einem erkennbaren Wechsel im Machtgefälle zwischen Bären und Bullen, können wir den Preis von Bitcoin (BTC) auf dem Weg zu tieferen Presiniveaus sehen. 12.300 USD wäre bspw. eine kritische Kursmarke aus dem Wochenchart, welche seit dem Anstieg nicht erneut getestet wurde. Dort angekommen, müsste die Lage bei den Marktteilnehmern dann neu eingeschätzt werden.

Profi-Tipp: Vereinfacht ließe sich sagen, dass nach oben verlaufende Preise und gleichzeitig fallende Indikatoren / fallendes Volumen eine sog. bärische Divergenz ergeben. In der technischen Analyse gäbe es hierfür mehr Voraussetzungen. Da ich hauptsächlich die Psychologie trade, reicht mir aber das grobe Bild. Bärische Divergenzen gelten als Umkehrsignal.

S&P 500 (SPX): Wann endet die Überbewertung der US-Aktienunternehmen?

Die US-amerikanischen Aktienmärkte als überhitzt zu bezeichnen, ist noch mild ausgedrückt. Das unkontrollierte Erschaffen von Billionen an frischen US-Dollars für die US-Wirtschaft jedenfalls verfehlte ihr Ziel nicht. Von der Angst und Panik des Tiefs aus dem März 2020 ist nichts mehr zu sehen. Wobei, das Sentiment sieht zuletzt gar nicht mehr so toll aus. Beide Indikatoren verlaufen im Wochenchart seit dem Allzeithoch nach unten.

S&P 500 (SPX) im Wochenchart
Quelle: Tradingview

Doch nach wie vor reicht die fundamentale Überbewertung durch die Marktteilnehmer aus, die kritische Unterstützungszone bei 3.244 Zählern zu verteidigen (erste, grüne Markierung). Und das trotz der Unsicherheiten über ein erneutes Konjunkturpaket und den auf Hochtouren laufenden Präsidentschaftswahlkampf in den USA. Doch wir sehen auch die bereits einsetzende Unsicherheit der Marktteilnehmer beim Wiederanstieg (zweite, grüne Markierung). Erkennbare Unsicherheit und abnehmendes Sentiment? Eine deutliche Mischung für eine Machtübernahme durch die Verkäufer.

S&P 500 (SPX) im Tageschart
Quelle: Tradingview

Im Tageschart des SPX sehen wir dann das Bild aus dem Wochenchart nochmal deutlicher. Seit dem Allzeithoch vom 02. September 2020 sehen wir beide Indikatoren nach unten verlaufen. Das Sentiment gilt als neutral, was uns zu der Annahme führt, dass Verkäufer in den Aktienmärkten die überbewerteten und überteuerten Aktien an ungeduldige Nachzügler abstoßen (Stichwort: FOMO). Mit den unsicheren Vorgängen auf der politischen Ebene in den USA ist eine akkurate Einschätzung des S&P 500 allerdings schwierig.

Meine beste Einschätzung sieht den SPX noch eine Weile zwischen 3.393 und 3.507 Zählern verlaufen, ehe 3.244 Zähler erneut getestet werden. Nach der Wahl des US-Präsidenten sehe ich dann eine übliche Novemberrally, die gut und gerne den Bereich des Allzeithochs erneut testen könnte. Aber die Bewertung einer solchen Rally ist letztendlich erst nach der US-Präsidentschaftswahl vorzunehmen.

Profi-Tipp: Der Preisverlauf des Bitcoin (BTC) und der Verlauf des S&P 500 (SPX) weisen eine gewisse, fluktuierende Korrelation auf. Ein schwächerer SPX könnte demnach gut und gerne zu einem Kippen des Sentiments im BTC führen und unterstützt eine Preisumkehr im Bitcoin Markt.

US-Dollar: Stabilität ist bei der dominantesten Fiatwährung der Welt kaum zu finden

Die Lage für den US-Dollar ist seit März 2020 keine Leichte. Die weltweit dominanteste Fiatwährung musste stark an Stabilität einbüßen und ein schwächerer US-Dollar begünstigt steigende Aktienmärkte in den USA. Der Abwärtstrend im US-Dollar ist durch die Betrachtung des Tagescharts des US-Dollar Index (DXY) sehr gut zu erkennen. Jüngste Versuche diesen Abwärtstrend zu beenden scheiterten kläglich (beide, grüne Markierungen). Und eine symmetrische Triangel gilt bekanntermaßen als Fortsetzungssignal.

US-Dollar Index (DXY) im Tageschart
Quelle: Tradingview

Dennoch kann es in beide Richtungen gehen. Ein weniger wahrscheinliches, bullisches Szenario, sieht den Wert des DXY in Richtung 93.904 verlaufen. Das wahrscheinlichere, bärische Szenario hingegen, sieht einen weiteren Test bei 91.919 Punkten. Warum ich ein bärisches Szenario für wahrscheinlicher halte? Der Abwärtstrend ist intakt, Fortsetzungssignal ist gegeben (symmetrischer Triangel) und die bärischen Preisbewegungen zuletzt waren deutlich dominanter, als die bullischen Preisbewegungen. Das verrät mir eine Kontrolle durch die Verkäufer im Markt und demnach maximal neutrales Sentiment.

Wichtige Anmerkung: Wir sehen im obigen Chart keine Indikatoren, da Tradingview kein Volumen für den DXY ausgibt. Ohne Volumen sind beide meiner verwendeten Indikatoren leider unbrauchbar.

Das Währungspaar EUR/USD im Tageschart
Quelle: Tradingview

Nun, neutrales Sentiment bezüglich des US-Dollars trifft wohl zu, wenn wir uns das Sentiment im Währungspaar EUR/USD ansehen. Und es passt auch, irgendwie. Denn der Preis verlief zuletzt seitwärts. Dennoch konnte eine fallende Widerstandslinie im EUR/USD durchbrochen werden und der Preis steigt seither wieder. Der Money Flow Index (MFI) läuft bereits nach oben, während das Sentiment noch hinterherhinkt. Kein Wunder, denn die Marktteilnehmer sehen zurzeit weder US-Dollar, noch den Euro als eine sichere Wertanlage für die Zukunft.

Schlusswort und Fazit

Ich habe Bitcoin (BTC), S&P 500 (SPX) und den US-Dollar aus verschiedenen Beweggründen für diesen, heutigen Montag gewählt. Erstens: Alle drei Märkte besitzen eine gewisse Korrelation zueinander. Der US-Dollar beeinflusst die US-Aktienmärkte, während diese wiederum eine gewisse Korrelation mit dem Bitcoin aufweisen. Zudem denke ich, dass diese drei Märkte zu denjenigen gehören, welche die meiste Aufmerksamkeit vor der US-Präsidentschaftswahl und auch danach erhalten sollten. Immerhin geht es um nicht weniger als die dominanteste Kryptowährung, den größten Index des US-Aktienmarktes und die dominanteste Fiatwährung.

Nach der US-Präsidentschaftswahl erwarte ich übrigens eine Novemberrally. Die Finanzmärkte sind (besonders in den USA) nach Präsidentschaftswahlen meist positiv, da die Marktteilnehmer sich im ersten Jahr der Amtszeit des Präsidenten starke Änderungen mit positiven Auswirkungen erhoffen. Und ja, ich denke nicht, dass es einen wesentlichen Unterschied machen wird, ob nun Donald Trump eine zweite Amtszeit bekommt, oder Joe Biden neuer US-Präsident wird. Mit diesen Worten wünsche ich dir einen tollen Wochenstart und freue mich, dir am Mittwoch und Freitag neue Lerninhalte zu präsentieren!

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Krypto Momentum Investor, Trader, Journalist. Ich liebe Kaffee, das geschriebene Wort und Kryptowährungen. Aber auch die Natur und die menschliche Psyche!

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